Großes Tropenhaus mit Welwitschia-Annex und Moos-Annex - Haus A
Das denkmalgeschützte Große Tropenhaus wurde von 2006-2009 grundlegend saniert, um die historische Bausubstanz zu erhalten und den Energiebedarf um 50% zu senken. Zahlreiche technische Innovationen sorgen dafür, dass es jetzt wieder zu den modernsten und energie-effizientesten Gebäuden seiner Art gehört. Lesen Sie mehr zur Grundsanierung und Technik.
Das Große Tropenhaus, Wahrzeichen des Dahlemer Gartens (auf unserer Homepage abgebildet) ist ein für die damalige Zeit sehr moderner, frei tragender Hallenbau aus den Jahren 1906/1907. Es wurde 1968 neu mit Acrylglas verglast, hat eine Grundfläche von 60 x 30 Metern und eine lichte Höhe von 23 Metern. Es gehört damit zu den größten Gewächshäusern der Welt. Zur naturgetreuen Darstellung eines Tropenwalds unter Glas ist selbst dieses Haus viel zu klein. Ein Tropenerlebnis hat es dennoch im Sommer wie im Winter zu bieten.
Die Gewächshäuser sind von der Anlage her als Ergänzung zu den pflanzengeographischen Freilandanlagen gedacht. Auch die Bepflanzung des Großen Tropenhauses ist geographisch gegliedert. Die rechte Hälfte des Hauses enthält Pflanzen der altweltlichen Tropen (Afrika, Asien, Australien), die linke Hälfte ist ganz der Pflanzenwelt der amerikanischen Tropen gewidmet.
Eine der stattlichsten Pflanzen (rechts im Mittelbeet) ist bemerkenswerterweise nicht ein Baum im eigentlichen Sinne, sondern ein Vertreter der Familie der Gräser, Dendrocalamus giganteus, eine südostasiatische Bambus-Art, ein riesiges Gras also, dessen Halme hier 15 cm Durchmesser und gut 26 Meter Höhe erreichen. Ein Tropenbaum mit großen Blättern, Terminalia catappa (Katappabaum) ragt ebenfalls bereits bis unter das Dach. Auch Lianen wachsen immer wieder bis in die Kuppel hinauf. Am eindrucksvollsten ist hier das Kürbisgewächs Alsomitra macrocarpa mit seinen lang herunterhängenden, beblätterten Trieben. Von den zahlreich vorhandenen Arten der Gattung Ficus (Feigenbäume) zeigt Ficus schlechteri die Bildung von Luftwurzeln besonders schön. Eine kleinblättrige Ficus-Art ist die Birkenfeige (Ficus benjamina), als Zimmerpflanze sehr beliebt. Der Leberwurstbaum (Kigelia africana, Familie Bignoniaceae), zeigt gelegentlich hoch oben seine braunroten, in der Natur von Blumenfledermäusen bestäubten Blüten, doch die wie große Leberwürste herabhängenden Früchte entwickeln sich leider bei uns in Kultur mangels Fremdbestäubung der Blüten nicht.
Während viele Bäume des tropischen Regenwaldes ähnliche, mittelgroße, elliptische und oft ganzrandige Blätter haben, wirkt daneben das fein gefiederte Laub von Parkia javanica wie Filigran. Die genannten Arten befinden sich alle im altweltlichen Teil des Großen Tropenhauses. Stelzwurzeln sind bei Tropenpflanzen eine nicht seltene Erscheinung. Das große Exemplar des Schraubenbaums (Pandanus utilis) aus Madagaskar zeigt sie besonders schön. Auch großblättrige Bananengewächse sind typisch tropische Pflanzengestalten. Die Natal-Strelitzie (Strelitzia nicolai) wird von Besuchern oft für eine Bananenstaude gehalten, bildet aber im Gegensatz zu den Bananen (Gattung Musa) einen echten Stamm aus und ist trotz der unscheinbaren Blüten eine große Schwesterart der als exotische Schnittblume bekannten Paradiesvogelblume (Strelitzia reginae), die in Haus K zu sehen ist.
Erdgeschichtlich altertümliche Pflanzenformen sind die zur Gruppe der Nacktsamer gehörenden Palmfarne. Unsere ältesten Exemplare waren schon im alten Botanischen Garten in Schöneberg vorhanden und dürften über 150 Jahre alt sein. Auf dem Seitenbeet rechts vom Eingang stehen der Brotpalmfarn Encephalartos altensteinii und Rumpfs Palmfarn (Cycas rumphii), links vom Eingang je ein männliches und ein weibliches Exemplar von Dioon edule, eine recht urtümliche Pflanzengestalt. Seine Zapfenblüten werden bis 70 cm lang und sind damit die größten Blüten im Pflanzenreich (die noch größeren "Blüten" von Aronstabgewächsen sind in Wirklichkeit Blütenstände).
Im neuweltlichen Teil (Amerika) (vom Eingang aus gesehen in der linken Hälfte des Hauses) fallen besonders einige größere Palmen auf, darunter stattliche Fiederpalmen wie die Königspalme (Roystonea oleracea) und Syagrus romanzoffiana, majestätische Fächerpalmen wie Pritchardia affinis aus Hawaii mit großen, ungeteilten Wedeln, Coccothrinax argentea, Sabal blackburniana und zwei Washingtonia-Arten, Washingtonia filifera und W. robusta. Letztere stammen eigentlich aus den Oasen der kalifornisch-niederkalifornischen Halbwüsten, wachsen aber in Kultur hier besser unter Warmhausbedingungen. Viel kleiner bleiben die feingliedrigen Bergpalmen (Gattung Chamaedorea), von denen einige auch als Zimmerpalmen beliebt sind. Zu der ganz auf das tropische Amerika beschränkten Familie der Kolbenpalmen (Cyclanthaceae) gehören Cyclanthus bipartitus und Ludovia lancifolia, die in der Vielfalt der Blattformen der Strauch- und Krautschicht durch ihre zweispitzigen Blätter auffallen.
Zu den größeren Baumarten im Haus gehören zwei Wolfsmilchgewächse, Remys Lackbaum (Aleurites remyi) und der Sandbüchsenbaum (Hura crepitans, Euphorbiaceae) und die etwas zu schlank gewachsene, aber dennoch die eigentümlichen Korkwarzen am Stamm zeigende Chorisia speciosa (Bombacaceae). Die ansehnlichen Blüten dieser Art und auch die wie große weiße Pinsel aussehenden Blüten von Pseudobombax ellipticum erscheinen jedoch nur hoch oben und werden daher leicht übersehen.
Pflanzen aus den regengrünen Wäldern und Dornwäldern der Tropen finden sich neben verschiedenen Lianen auf den Seitenbeeten und auf der sogenannten Grotte über dem Wasserfall im hinteren Teil des Hauses. Dort stehen außerdem große Exemplare von Philodendron bipinnatifidum (Araceae), deren dünne, mit Blattnarben verzierte Stämme sich mit Luftwurzeln im Waldboden oder auf Baumstämmen verankern. Weitere Philodendron-Arten und andere Araceen der Gattungen Monstera und Anthurium fallen mit ornamentalen Blattformen im dichten Grün des Unterwuchses und an den Epiphytenstämmen zwischen Bromeliengewächsen auf.
Die Bromeliengewächse sind eine mit einer einzigen Ausnahme rein amerikanische Pflanzenfamilie. Ihre Formenvielfalt und die ökologische Anpassungsfähigkeit sind in einem eigenen Gewächshaus (G) dargestellt und deshalb hier im Tropenhaus nur mit einer kleineren Auswahl vertreten. Die lange herabhängenden, schon 10-30 Jahre alten Bärte von Tillandsia usneoides (Bartflechtenähnliche Tillandsie) gehören allerdings zu den typischen Pflanzengestalten der neuweltlichen Tropen. Schöne, oft vielfarbige Blattzeichnungen sind bei vielen tropischen Kräutern verbreitet. Sie springen hier in der Krautschicht bei den Marantaceen-Gattungen Maranta und Calathea besonders ins Auge. Bei der Lanzenblättrigen Korbmarante (Calathea lancifolia) ist auf der grünen Blattoberfläche gleichsam ein dunkelgrünes Fiederblatt abgebildet, während Calathea zebrina dank ihrem samtig schimmernden Streifenmuster ein Schmuckstück ist.
Eine Kuriosität ist die Baumförmige Pfeifenblume (Aristolochia arborea). Ihre braunroten Blüten mit weißer Lippe erscheinen vor allem am Grunde der Pflanze direkt über dem Erdboden. Im Blütenschlund scheint ein kleiner Pilz zu stehen, in Wirklichkeit eine Attrappe, die durch ihre Gestalt und Stellung an der Pflanze Insekten, vermutlich Pilzmücken anlockt, die als Bestäuber dieser Täuschblume dienen.
Die ist nur eine kleine Auswahl von Pflanzen, die hier im Großen Tropenhaus zu sehen sind.
Von hier aus ist rechts herum ein Rundgang durch die ganze Anlage (Gewächshäuser A-N) möglich. Vorher ist ein kleiner Abstecher in die Namib-Wüste zu den Welwitschien möglich (Welwitschia-Annex). Vom Haupteingang des Großen Tropenhauses aus gelangt man in das Sumpfpflanzenhaus (Mangrovensumpf) und (im Sommerhalbjahr) ins Victoriahaus zu den Riesenseerosen (Gattung Victoria) (Haus O). Wenn Sie lieber möchten, machen Sie einfach einen Abstecher nach Australien (Haus M), nach Mexiko zu den Kakteen (Haus I), zum Kaugummibaum im Nutzpflanzenhaus (Haus C) oder zu den Orchideen (Haus D). Dies und noch viel mehr gibt es hier zu entdecken. (Moose und moosähnliche Pflanzen)
B. Leuenberger