In der Dahlemer Saatgutbank lagern Samen aus Wildaufsammlungen und aus botanischen Gärten. Zu den Hauptaufgaben gehören der Sammlungsaufbau, der Erhalt und die digitale Dokumentation der Sammlung sowie die Abgabe von Pflanzenmaterial für Forschung und Lehre. Die eingelagerten Pflanzensamen dienen ausschließlich Naturschutz- und Forschungszwecken sowie dem Eigenbedarf und der Abgabe an andere Botanischen Gärten. Eine Abgabe an Privatpersonen ist nicht möglich, die Abgabe an oder kommerzielle Nutzer nur unter bestimmten Bedingungen.
In der Dahlemer Saatgutbank lagern Samen aus vielen Ländern der Erde, davon stammen zahlreiche Aufsammlungen von seltenen und gefährdeten Arten. Geographische Schwerpunkte der Sammlung sind Deutschland, vor allem Nordost- und Mitteldeutschland sowie das östliche Mittelmeergebiet.
Lagerung der Wildpflanzensamen in Glasröhrchen zusammen mit Silicagel-Trockenperlen in den Tiefkühltruhen der Dahlemer Saatgutbank.
In jedem Pflanzensamen liegt ein kleiner pflanzlicher Embryo. Er wird geschützt von der Samenschale und ist meistens von einem Nährgewebe umgeben, das bei der Keimung die junge Pflanze mit Nährstoffen versorgt.
Die Lebensdauer der Samen ist unterschiedlich. Manche Pflanzenarten haben Samen, die nicht austrocknen dürfen und nur in einem kurzen Zeitraum nach der Reife auskeimen können. Die meisten Samen aber sind trockenresistent und bleiben über einen längeren oder langen Zeitraum keimungsfähig. So können Pflanzen mit Hilfe ihrer Samen weite Strecken zurücklegen und lange Zeiträume überleben.
Diese Austrocknungsresistenz der meisten Samen wird genutzt, um Samen in Saatgutbanken für Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte am Leben zu erhalten. Durch die Trocknung der Samen wird die Stoffwechselaktivität des pflanzlichen Embryos reduziert und seine Lebensdauer verlängert. Zusätzliches Einfrieren verstärkt diesen Effekt.
Die Dahlemer Saatgutbank verfügt über technische Anlagen zur Saatgutreinigung, -trocknung und -lagerung. Hierzu zählen zwei Trockenkammern mit 15 % relativer Luftfeuchte bei 15 °C Raumtemperatur, Kühlschränke sowie eine begehbare Gefrierkammer zur dauerhaften Lagerung der Samen bei -24 °C. Für die Keimungsversuche ist ein voll ausgestattetes Saatgutlabor vorhanden, wo alle erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden können.
Ein Teil der Samen liegt in einer der beiden Trockenkammern oder im Kühlschrank. Diese rund 3900 Akzessionen werden im Index Seminum anderen Botanischen Gärten und wissenschaftlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt und dienen zudem dem Eigenbedarf.
Der andere Teil liegt trocken in der Gefrierkammer bei -24°C. Diese Sammlung ist die sogenannte Langzeitlagerung, mit der im Jahre 1994 begonnen wurde. Diese Samen, etwa 11.000 Akzessionen, werden ebenfalls für wissenschaftliche Untersuchungen, für den Artenschutz sowie für die Pflanzenanzucht in Botanischen Gärten abgegeben.
Sammlung, Nutzung und Weitergabe der Pflanzensamen erfolgen unter Einhaltung der jeweils nationalen Naturschutzgesetze sowie der internationalen Regeln für den Zugang und die Nutzung genetischer Ressourcen.
Unsere Aufgaben
• Sammeln von Samen auf Exkursionen und im Botanischen Garten Berlin
• Erhalten der Samen durch fachgerechte Aufbereitung und Einlagerung
• Sichern der Qualität mit Hilfe von Vitalitätsprüfungen
• Erfassen der Daten (Akzessionierung) in der Datenbank
• Erstellen des Index Seminum (Saatgutkatalog)
• Weitergeben von Samen und Pflanzen an Forschungs- und Bildungseinrichtungen
• Mitarbeiten in Projekten
Sammeln von Samen auf Exkursionen und im Botanischen Garten Berlin
Die Feldarbeiten der Dahlemer Saatgutbank basieren auf der Grundlage der Anleitung zum Sammeln von Wildpflanzensamen des Europäischen Saatgutbanken-Netzwerkes ENSCONET (European Native Seed Conservation Network). Diese Anleitung beschreibt alle Schritte, die bei Sammlungen von Wildpflanzensamen für wissenschaftliche Zwecke zu beachten sind. Die Samen, die am Naturstandort gesammelt werden, sollen die gesamte genetische Vielfalt dieser Pflanzenpopulation widerspiegeln. Es ist selbstverständlich, dass bei der Arbeit weder die Population selbst noch andere Arten geschädigt werden dürfen. Daher wird maximal 20% der zum Erntezeitpunkt verfügbaren Samenmenge entnommen. Eine solche Aufsammlung umfasst im Optimalfall mindestens 5000 Korn von mindestens 60 verschiedenen Individuen. Das ist jedoch angesichts der Tatsache, dass die Populationen vieler seltener Pflanzenarten häufig nur noch wenige Individuen umfassen, häufig nicht möglich. Das schmälert nicht den Wert solcher kleinen Sammlungen, denn mit Hilfe von Vermehrungskulturen im Garten können weitere Samen gewonnen werden.
Im Botanischen Garten selbst werden Samen je nach Bedarf und Verfügbarkeit gesammelt.
Erhalten der Samen durch fachgerechte Aufbereitung und Einlagerung
Nach der Sammlung werden die meisten Samen zunächst in einer kühlen Trockenkammer bei 15° C und 15 % relativer Luftfeuchtigkeit vorgetrocknet und anschließend im Labor von Hand aufwändig gereinigt. Über mehrfaches Sieben mit verschiedenen Siebgrößen ist es möglich, den Samen von anhaftenden Fruchtresten und Schmutzpartikeln zu befreien. Angefressene, taube, beschädigte oder von Pilzen befallene Samen werden hierbei ebenfalls aussortiert. Der bei der Reinigung der Samen entstehende Staub wird durch eine Filteranlage abgesaugt.
Die gereinigten und getrockneten Samen der Langzeitlagerung werden in Glasröhrchen oder verschweißten Aluminiumbeuteln bei einer Temperatur von -24 °C gelagert. Dafür steht ein begehbarer Gefrierraum mit einer Regalfachlänge von etwa 75 m zur Verfügung, in denen derzeit rund 10.000 Akzessionen lagern.
Für die Arbeit im Saatgutbank-Labor hat das ENSCONET-Netzwerk Protokolle und Empfehlungen zusammengestellt, die über alle wichtigen Arbeitsschritte detailliert Auskunft geben.
Sichern der Qualität mit Hilfe von Vitalitätsprüfungen
Die Vitalität der eingelagerten Samen ist in einer Saatgutbank von zentraler Bedeutung. Aus diesem Grund wird in der Dahlemer Saatgutbank das Saatgut vor dem Einfrieren und anschließend im Abstand von fünf Jahren auf seine Keimfähigkeit getestet.
Die Bedingungen, unter denen Pflanzensamen keimen, können sich erheblich unterscheiden. Sie sind eng an die ökologischen Bedingungen der jeweiligen Lebensräume, in denen die Pflanzen wachsen, gekoppelt. Manche Samen keimen sofort, sobald sie sich von der Mutterpflanze gelöst haben und in feuchte Erde fallen. Andere keimen erst nach einer Keimruhe von mehreren Wochen, Monaten oder Jahren oder müssen, um keimen zu können, Frost, Hitze oder gar Feuer und Rauch ausgesetzt sein. So wird gesichert, dass die Samen zu einem Zeitpunkt auskeimen, der für das Überleben des jungen Keimlings optimal ist.
Spezifische Bedingungen für jede Art individuell technisch nachzubilden, ist kaum möglich. Aus diesem Grund werden die meisten Keimungstests unter Standardparametern durchgeführt, unter denen eine große Anzahl an Samen gut keimt. In der Dahlemer Saatgutbank erfolgen die Standardtests bei einer Tagestemperatur von 22 °C, einer Nachttemperatur von 14 °C und einer Tageslänge von 14 Stunden. Für die bis zu jährlich 1500 Tests sowie weitere Versuche werden derzeit 5 Klimaschränke genutzt.
Für Samen, die unter den Standardbedingungen nicht keimen, wie zum Beispiel Orchideensamen oder Samen, die für die Keimung eine vorherige spezifische Behandlung, zum Beispiel mit Kälte, Wärme oder Pflanzenhormonen- benötigen, werden spezifische Keimungsprotokolle erarbeitet.
Erfassen der Daten (Akzessionierung) in der Datenbank
Eine weitere zentrale Aufgabe der Dahlemer Saatgutbank ist die Dokumentation aller lebenden Pflanzen, die in unseren Garten kommen – Samen, Stecklinge, junge und auch ältere Pflanzen. In der Datenbank werden Angaben zu Fundort und Standort von Wildsammlungen, Sammler, Sammeldatum und verschiedene weitere Daten wie zum Beispiel die Anzahl der Samen oder Stecklinge oder die Keimungsfähigkeit der Samen dokumentiert. Kommen die Pflanzen aus einem anderen Botanischen Garten, werden dessen Daten übernommen. Alle diese Eingänge bekommen eine Nummer, die Akzessionsnummer. Sie wird auf dem Stecketikett vor der Pflanze im Garten oder in den Gewächshäusern beziehungsweise auf den Samentütchen vermerkt. Wird die Pflanze weiter vermehrt oder werden ihre Samen in die Saatgutbank eingelagert, kann anhand der Akzessionsnummer stets die Herkunft der Pflanze nachverfolgt werden.
Weitergabe/Abgabe von Samen und Pflanzen an Forschungs- und Bildungseinrichtungen
Die Dahlemer Saatgutbank gibt nicht nur Samen weiter, sondern ist auch für die Abgabe von Anschauungs- und Untersuchungsmaterial für Forschung und Lehre aus dem Botanischen Garten Berlin an andere wissenschaftliche und Bildungseinrichtungen verantwortlich. So versorgt der Botanische Garten Berlin zum Beispiel die Freie Universität sowie die Technische Universität mit Pflanzen für botanische Bestimmungsübungen oder pharmazeutische Institute mit Pflanzen für die Analyse bestimmter Inhaltsstoffe.
Erstellen des Index Seminum (Saatgutkatalog)
(Weitere Infos zum Index Seminum nach dem Klick auf die Unterseite)
Mitarbeit in Projekten – das Projekt „Wildpflanzenschutz in Deutschland“ (WIPs-De)
(Weitere Infos zum Projekt nach dem Klick auf die Unterseite)